Dienstag, 10. Januar 2017

Überzeugt - doch ohne Anspruch



Im letzten Post ging es um die postmoderne Wahrheit. Die Überlegungen von John Holt und Zygmunt Bauman sind auch für die Amication gültig. In einem meiner Bücher habe ich dies einmal auf den Punkt gebracht. Wie ich die Passage von damals grad lese, geht mir durch den Kopf: "Aber man muss doch sanft alle ansprechen, niemanden vor den Kopf stoßen, möglichst viele mitnehmen.". Ja, das wär schon schön, und mach ich ja auch. Aber Klarheit und Wahrheit liegt mir sehr, und auch dann, wenn das für heutige Verhältnisse "hart" und "schroff" und "abgrenzlerisch" klingen mag - es muß immer mal wieder raus! Amication ist eben etwas ganz! anderes als die pädagogische Sicht, das soll ja nicht vergessen und irgendwie mit einer "Alle- haben-sich-lieb-Soße" in wolkiger Unschärfe verrührt werden. Und wenn es in einem älteren Text wie diesem mal so klar gesagt wird, finde ich das auch gut so. Nun der Text:

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So sehr die Amication von ihrer Position auch überzeugt ist - es gilt die Subjektivität der Erkenntnis. Das amicative Prinzip, dass niemand besser als ein jeder selbst spürt, was für ihn das Beste ist, gilt auch gegenüber Andersdenkenden. Die amicative Deutung und Bewertung der Welt ist ohne Objektivitätsanspruch. Und obwohl die Dinge des Lebens radikal anders gesehen werden als in der Tradition, steht Amication nicht über anderen Sichtweisen der Welt, sie ist ihnen gleichwertig und enthält - bei aller Gegensätzlichkeit im Deuten und Bewerten, Fühlen und Handeln - keine Mißachtung. Doch bei aller Gleichwertigkeit: die traditionelle Welt wird entsprechend dem eigenen amicativen Selbstverständnis zurückgelassen, ein neuer Weg beginnt.