Freitag, 28. April 2017

Das Eichörnchen, der Panther und die Waldeule


Das ist ja alles nicht so einfach, der ganze Kram mit der Schule und den Kindern
und ihrer Würde und der Kultur und dem Adultismus und der Emanzipation
und der Beziehung ohne Erziehung und der Selbstliebe und was weiß ich noch
alles. Und dann wurde der Sohn (7) einer Freundesfamilie auch noch in der
Schule von einem Klassenkameraden beklaut, er wills natürlich nicht gewesen
sein, die Lehrerin ist machtlos usw usw.

Deswegen gibts jetzt erst mal leichtere Kost, aus meiner Geschichtensammlung.

*

Als der gelbe Schwanz des Eichhörnchens sich dreimal um die Kornblume
wickelte, kam der wunderrote Panther über die Steinplatten gesprungen.
Er hatte sein Fell noch voller Tau. Der Panther nickte dem Eichhörnchen zu,
und zusammen sahen sie dem Aufgang des dritten Mondes zu. Das Licht
wurde heller, und bald darauf konnten sie auch das große Korrıfelld wieder
sehen. Unzählige bunte Schmetterlinge eilten eifrig über dem Kornfeld hin
und her. Sie waren damit beschäftigt, den Strom der Kornherzen zu überwa-
chen. Es durfte nicht passieren, dass die Herzen der Körner unregelmäßig
schlugen.

Der Panther erinnerte sich daran, was geschehen war, als Gromux, die riesige
Waldeule, eines hellen Sommertages zwischen die Schmetterlinge gefahren
war und sie in ihrer Arbeit gestört hatte. Die Kornherzen hatten falsch ge-
schlagen, und ihr Mond, auf dem sie lebten, begann zu taumeln. Beinah
wären sie alle abgestürzt und an der Doppelsonne verbrannt, wenn nicht
das Eichhörnchen der Eule Einhalt geboten hätte. Es hatte ihr seinen gelben
Schwanz entgegengehalten und sie mit einem grellen Blitz zurück in den
Wald gescheucht.

Er, der Panther hatte zu singen angefangen, so dass sich die Kornherzen
beruhigen konnten und ihr Mond seine richtige Bahn wiederfand. Es war
ihm nicht leíchtgefallerı, zu singen, denn er war sehr erschrocken gewesen.
Aber dann sangen die Schmetterlinge mit, um sich zu beruhigen und um
den Kornherzen Mut zu machen, wieder richtig zu schlagen. Aber das war
lang her.

Er dachte in den Gedanken des Eichhörnchens, und sie dachten zusammen.
Lautlos sangen sie das Lied an den ditten Mond, und wie immer sprangen
sie zusarnmen an Orexia, der tausendjahralten Eiche hoch. Oben in ihren
Ästen hatten sie den Überblick über die Schmetterlinge, die Kornherzen
und den Wald. "Ich muss heute mit Gromux reden", sagte das Eichhörnchen.
Das wird nicht leicht sein", antwortete der Panther, "aber Du musst es heute
tun." Das Eichhömchen seufzte, Gromux konnte so unfreundlich sein. Aber
es gab sich einen Ruck, lächelte dem Panther zu, setzte sich seinen Löwen-
zahnhut auf und flog mit dem Mondstrahl zum Wald.

"Gromux", rief das Eichhörnchen, "es ist Zeit." Gromux hatte heute über-
haupt keine Lust, die Pakete für den Wurzelquell fertigzumachen. Sie wollte
einfach nicht, und basta. Hatte denn immer nur das Eichhörnchen zu be-
stimmen? "Gromux", rief das Eíchhörnclıen, "nun komm schon." Gromux
versteckte sich zwischen den Zweigen. Der Panther merkte, dass Gromux
zu lange zögerte. Wind kam auf, und die ersten dunklen Wolken waren zu
sehen. Als ein gewaltiger Blitz in den Wald fuhr, und es so donnerte, dass
dem Panther die Ohren weh taten, da hatte er Verständnis für Gromux.
Er musste eben immer die schwerste Arbeit machen.

Gromux nahm wie immer vom Wurzelquell die rotgelbe Feder mit. Das
Eichhörnchen brachte sie dem Panther, und er warf sie in die Luft. Dort
zerfiel sie in Staub, und brachte den Schmetterlíngen wunderbunte Träume.