Montag, 9. Oktober 2017

Tee im Zoo






















Ich bin zu Besuch. Charlotte, 4 Jahre alt, stürmt bei der Begrüßung 
auf mich zu. „Baust Du mit mir einen Zoo?“ Ich will erst mal an-
kommen, ein wenig mit ihrer Mutter plaudern, einen Tee trinken.
Das Kind ist für mich noch nicht dran, sie wird mir übergriffig, ich 
bin nicht ihr Spielroboter. Ich weise sie ab: „Nein, später. Erst trinke 
ich Tee.“

„Was soll ich machen, wenn ich merke, dass mein Sohn anderen 
Erwachsenen auf den Zeiger geht?“ Frage beim Vortrag neulich. 
Dieselbe Problematik, diesmal von der Elternseite her

„Nach Gefühl“, sage ich auf die Frage, „je nachdem, wie der Er-
wachsene reagiert. Wenn Sie merken, dass der andere sich unwohl 
fühlt, könnten Sie Ihr Kind zurückhlalten.Wenn er den Abstand, 
den er will, selbst herstellt, müssen sie nichts tun. Sie können ihn 
auch ganz sich selbst überlassen. Wenn sich dann in ihm etwas auf-
staut und er auf einmal heftig reagiert und Ihr Kind anharscht, sollten 
Sie ihm das nicht übel nehmen. Vielleicht wartet er auch auf Ihre Hilfe. 
Vielleicht hat er auch so einen unguten Anspruch, dass Sie als Mutter 
eingreifen sollen. Müssen Sie nicht machen, können Sie machen.“

Wie gelassen können wir sein, wenn unsere Kinder die Grenzen der 
anderen überschreiten? Wenn deutlich wird, dass sie anderen zur Last 
fallen? Ist es Sache der anderen, sich zu wehren? Wie viel Ärger 
kommt in mir hoch, wenn von den anderen der Anspruch kommt, 
ich hätte für das richtige (was immer das ist) Benehmen der Kinder 
zu sorgen? Ein „Ist doch nicht mein Problem“ ist zwar wahr aber 
unfreundlich. Nur, will ich mir das Problem eines anderen aufladen?

Charlottes Mutter fragt mich: „Wird es Dir zu viel?“ Sie will eingreifen. 
„Laß mal“, sage ich. „Das krieg ich schon hin.“ „Ok“, sagt sie. Wir 
plaudern und trinken Tee.

Ich weise Charlotte eine halbe Stunde ab, viermal kommt sie. Sie 
spielt allein, kommt immer wieder zu mir. Dann setz ich mich auf 
den Boden, und wir haben eine sehr schöne entspannte Stunde 
miteinander.