Montag, 31. Dezember 2018

Erziehungsvirus








"Was stört Sie eigentlich an der Erziehung?" Eine einfache und klare Frage. Wie ist es mit einer einfachen und klaren Antwort? Bei einer solchen Frage sehe ich mich sofort gefordert, die ganze erziehungsfreie Philosophie in einen Satz zu packen. Und weiß zugleich, dass ich das nicht kann. Das Verlassen, Überwinden der erziehungsfreien Sicht ist halt eine komplizierte Angelegenheit, und so ein Unternehmen in einem Satz zu fassen - geht eben nicht.

Also sage ich etwas, das sofort die nächste Frage zur Folge hat. Und dann beginnt ein Gespräch, das länger oder kürzer dauert und das die amicative Weltsicht vor Augen führt. Zum Beispiel sage ich: "Das Missionarische". Kurz und knapp. Aber klar? "Was meinen Sie damit?" Und schon gehts los. Vielleicht gehts nach Afrika zu Albert Schweitzer. Oder zum Klassenzimmer um die Ecke. Oder zum Selbstverständlichen "Sieh das ein", "Weil ich recht habe". Oder zum Fundamentalen "Weil ich Deine Mutter bin. Weil ich Dein Vater bin".

Ich mache schnell kar, was ich alles nicht meine, wenn ich gegen die Erziehung bin. Sonst wird das nichts, so ein Gespräch. "Ich kümmere mich um mein Kind. Ich bin da. Ich helfe, tröste, erkläre, spiele. Ich bin Orientierung. Überlasse mein Kind nicht sich selbst. Ich bin nicht antiautoritär." Ich mache deutlich, dass ich alles das mache, was ein normaler Vater auch macht, dass ich den Alltag mit den Kindern realistisch sehe und nicht irgendwie ideologisch verbräme. "Aber dann erziehen Sie doch." Schon wieder so eine klare Ansage.

"Es sieht so aus - aber es ist ganz anders." Mehr Verwirrung geht nicht. Was soll das heißen? Erziehen - und doch nicht erziehen, oder was? Jetzt wird es mühsam. Jetzt kommt die Sache mit den zwei Dimensionen. Dass wir - erstens - in der physikalischen Welt, der Welt des Anfassens, der Welt der Dinge unterwegs sind. Und dass wir - zweitens - in der psychologischen Welt, der Welt des Unsichtbaren, der Gefühle unterwegs sind, auch unterwegs sind. In beiden Welten gleichzeitig. Dass wir bei allem, was wir tun, immer auch etwas fühlen.

Die Welt der Gefühle, Interpretationen, Einstellungen lebt in uns. Und dort, im Unsichtbaren, aber sehr wohl Vorhandenem, im real existierenden Unsichtbaren, da sind die Menschen entweder per Erziehung unterwegs oder eben nicht. Das unsichtbare Element der Erziehung muss man nicht in sich tragen. Ich jedenfalls habe es nicht in mir. Und ich rede davon, dass niemand das in sich haben muss. Und dass ich es für ungut und gefährlich halte.

Und dass ich mich aufgerufen fühle, dieses erzieherische Element, dieses psychische gefährliche Elementarteilchen, in der Welt zu verringern. So wie Ärzte die Pockenviren bekämpfen, auf dass sie in keinem Menschen mehr leben und ihre destruktive Wirkung entfalten. Pocken ausrotten: ein großes Ziel, mission accomplished (1980). Erziehung ausrotten: ein großes Ziel, mission impossible (2018 ...). Aber: Ich arbeite dran.

Jetzt muss ich klarmachen, was ich denn für das - gefährliche - erzieherische Element halte. Ich lege los: Es geht um eine Haltung, Einstellung, Grundgefühl. Wie dies deutlich machen? Nun, ich fang das ein mit dem allbekannten Statement "Sieh ein, ich habe recht" - als objektive Aussage. Dabei lässt der, der das sagt, denkt, fühlt, die Sichtweise eines anderen - Kind oder Erwachsener - nicht gelten. Vorsicht: Wenn ich jedoch die Sicht des anderen gelten lasse (und dies ist das fundamental Andere: ich lasse seine Sicht gelten), so heißt das nicht, dass ich meine Sicht hintanstelle. Ich lasse die Gegensätze als gleichwertig gelten. Ein Paradox? Nicht wirklich: Ich folge meiner Sicht, im Nachdenken und im Tun. Aber ich stelle mich dabei nicht über die Sicht des anderen, zum einen, und schwinge mich - zum anderen - nicht dazu auf, ihm meine Sicht der Dinge per "Sieh das ein" verbindlich zu machen. Ich fass das zusammen in dem Satz "Ich erziehe nicht."
 
Steckdose oder Schweineschnauze? Atomkraftwerk oder Windkraft? Die Standardbeispiele dazu. Wer mit acht Monaten behauptet, eine Schweineschnauze vor sich zu haben (und keine Steckdose), der hat aus seiner (Kleinkind)Sicht recht. Wer mit 50 Jahren behauptet, Atomkraft sei der Windkraft vorzuziehen, der hat aus seiner (Erwachsenen)Sicht recht. Wenn man das so nicht gelten lassen kann, setzt man den anderen herab - nicht mein Ding. Und wenn man dann daran geht, nicht nur für die eigene Sicht zu werben, sie verständlich und nachvollziehbar zu machen, sondern sie mit "Sieh das ein" dem anderen verbindlich zu machen - der: ja was? Der missioniert, der "erzieht". So nenne ich das. Er trägt den missionarischen, den erzieherischen Virus, Impuls aufgrund seiner  Einstellung in sich. Den gefährlichen Keim.

Der wirkt in tausenderlei Nuancen. In Gesprächen, Liedern, Büchern, Zeitschriften, Internetforen, Wissenschaften, Examensarbeiten, Vereinen, Gesetzen, Richtersprüchen, Kinderzimmern, Klassenzimmern, Schullandheimen, Gefängnissen, Zoos, Kirchen, Kreuzfahrtschiffen, Flugzeugen, Arztpraxen, Kneipen, am Nord- und Südpol, weltweit und immerdar. Es gibt keinen weißen Fleck. (Fast keinen. Denn da gibt es ja doch dieses unbeugsame Dorf...)

Und das alles ist es, was mich stört. Wenn jemand unter Missionieren und Erziehen etwas anderes als diese gefährliche Keimerei versteht, stört es mich nicht. Aber nicht mogeln: Bist Du keimfrei? Wirklich? Oder meinst Du nicht doch, wirklich recht zu haben? Und der andere müsse aber doch .. insbesondere, wenn es ein Kind ist. 

Montag, 24. Dezember 2018

Lügenmärchen








                         
"Wie oft lügst Du am Tag?" Mich hat die Frage überrascht. Nicht wegen des Fragers, sondern wegen der Frage. Man lügt doch überhaupt nicht oft. Und schon gar nicht mehrmals am Tag - was so eine Frage ja impliziert. Jedenfalls dachte ich das. Dass nur selten gelogen wird. Aber der Frager hat ja wohl was anderes vor Augen.

"Überhaupt nicht", sage ich. "Vielleicht einmal in 10 Jahren". Oder auch öfter? Ich denke nach, finde aber nichts. Na ja, vielleicht blende ich da ja auch was aus. Egal. Aber ich nehme die Frage auf und sinn drüber nach. Wie ist das mit der Lügerei?

Wer das tut, tun will, tun muss - sein Ding. Sogar sein gutes Recht. Gehört jemand die Wahrheit? Wir gehören uns selbst, und damit ist es auch unser Ding, wie wir mit der Wahrheit umgehen wollen. Und da gibt es eben Kleinlüger, Großlüger, Seltenlüger, Viellüger, Lügenbolde. Da ist nichts zu verurteilen. Sowas findet statt. Es will natürlich damit umgegangen sein.

Wie geht der Lügende damit um? Schlechtes Gewissen? Gutes Gewissen? Aus der Not heraus. Aus der Bestimmerei heraus. Wegen des Vorteils. Wegen der Beschämung. Wegen der Angst. Wegen der Verachtung. Wegen des Schmerzes. Wegen der Sehnsucht. Wegen der Liebe. Wegen viel. Die Wegens können edel, weniger edel oder gar nicht edel sein.

Ich mag hier im Nachdenken das Wort Lügner nicht, es ist so ungut besetzt, und ich bin nicht im Unguten, wenn ich über jemanden nachdenke, der lügt. Deswegen sage ich "Lügender". Ich schwinge nicht ins Verurteilen, ich schwinge ins Verständnishaben. Nicht, weil ich viel lüge, tu ich nicht. Sondern weil ich das für angemessen halte. Wer lügt, zettelt etwas Gutes an - klar, für sich. Die Lüge ist ein Geschöpf des Guten, der Liebe. Die man sich selbst gibt. Die einem zusteht.

Dass dies Leid und Ungutes bewirken kann, eher: wird, bleibt mir ja dabei nicht verborgen. Ich vergesse aber nicht die Quelle der Lüge. So wie mir auch das Leid der Kuh nicht verborgen bleibt, die ich töte, um zu essen. Ich töte wegen meines Vorteils, ich lüge wegen meines Vorteils. Durchs Leben gehen und meine Vorteile realisieren, finde ich richtig, und anders geht es nicht. Geht es doch? Ohne Töten kein Leben. Ohne Lügen kein - ja was? Ohne Lügen kein Leben. Lässt sich das vergleichen, übertragen?

Mit Lügen kein Leid - auf meiner Seite. Wohl Leid auf Deiner Seite. Ist das einfach nur dem Egoismus das Wort geredet? Egoismus passt beim Töten der Kuh nicht, da gilt so etwas wie unabdingbar, nötig, wenn ich nicht esse, sterbe ich. Beim Lügen gilt anderes? Seh ich nicht so. Wenn die Lüge nicht unabdingbar, nötig wäre, würde sie ja nicht kommen. Dann wird die Wahrheit gesagt. So einfach ist das!

Und wie geht es mir, wenn ich herausfinde, dass ich angelogen wurde? Ganz klar: Ich gehe nicht durch das Verurteilungs-Tor und tummele mich nicht auf dem dunklen Feld dahinter mit all den zugehörigen Seltsamkeiten: Schuldzuweisung, Empörung, Beleidigtsein, Runterputzen, Enttäuschung, Ärger, Groll, Wut, Hass, ach was weiß ich. Tore, die ins Dunkle führen, mag ich sowieso nicht, und sie liegen mir nicht.

Also: was ist, wenn ich angelogen wurde? Da bleib ich cool. Erst mal "nehm ich zur Kenntnis" (wie das so schön neutral heißt), dass es anders ist als bis grad noch gedacht. Ich korrigiere meine Wirklichkeit, sortier das um. Mir ist sofort klar, dass die Lügerei nicht grundlos stattgefunden hat, dazu fließt ein Nachsehen (seh Dir das nach). Und eine Freundlichkeit, weil ich denke, dass es dem Lügenden nicht gut geht. Wenn es ihm bei seiner Lügerei gut geht: auch gut. Mich regt das alles jedenfalls nicht auf. Ich frag mich zügig, wie es weitergeht. Mit der neuen Information, die jetzt als neue Wahrheit neben die alte Wahrheit tritt, die ja eine Nicht-Wahrheit sein soll, Lüge eben.

Will ich weiter mit dem Menschen zu tun haben, der mich angelogen hat? Das will gut bedacht sein. Ich mache ja keinen Vorwurf, nur die Verlässlichkeit ist angekratzt oder weg. Mein Vertrauen, von Dir die Wahrheit zu bekommen, ist beschädigt. Es kommt ganz drauf an, wie meine Beziehung zu Dir überhaupt ist. Wie viel mich Deine Unwahrheit nervt, Du mich nervst. Vielleicht instrumentalisiere ich Deine Lüge (nicht bewusst, aber passiert): sie kommt mir recht, weil ich meine Beziehung zu Dir eh runterfahren will. Da ist dann kein Ärger, sondern Abwendung, keine Lust auf sowas, keine Lust auf Lügenmärchen.

Ja, oder es macht mir eben nichts aus, ich seh Deine Not oder Unverfrohrenheit, Deine Sorge, dass ich Dirs übelnehme und weggehe. Wenn ich Dich genug mag, lass ich mich von Deinen Lügenmärchen nicht wegspülen. So bist Du halt. Jetzt grad mal. Oder auch öfter. Es ist schon mein Job, auf Deine Lüge zu reagieren, den mach ich dann auch. Ich freu mich über Dich, auch über Deine Lügenmärchen: so kanns schon kommen. Wenn es nicht überhand nimmt und die Frage hervorbringt: "Wie oft am Tag...

Montag, 17. Dezember 2018

Anderskuhtiger







                                    
Zwei Nachrichten fügen sich zu einem Bild. Ich sehe ein Tor, das den Weg zu einem Anders zeigt.   1: Ein Bauer will nicht, dass seine Kälbchen per Viehtransport zum Schlachthaus gefahren werden. Er will sie schon zum Schlachten verkaufen. Aber er mag sie (wie seltsam das für Vegetarier auch sein mag) und will nicht, dass sie dem Transport- und Schlachthofstress ausgesetzt sind. Also findet
er einen Jäger, der berechtigt ist, die Tiere auf seinem Hof zu erschießen. Schwierige Verhandlungen mit den Ämtern, aber er bekommt schließlich das Ok. Die Kälbchen sterben also von jetzt auf gleich.
Ohne Leid.

2: Auch vom Bauernhof. Diesmal will ein Bauer, dass die Kälbchen nicht sofort von der Mutter getrennt werden. "Geht ja gar nicht." Er ist kein Biobauer, sondern ein Tradi. Aber: "So wie es Elternzeit für meine Kinder gibt, will ich eine Mutterzeit für meine Kühe." Und er macht es: Er lässt die Kälbchen ein Jahr bei ihrer Mutter.

Da sehen zwei Menschen ein Tor, das in eine Anderswelt zeigt. Und sie gehen durch. Es liegt in ihrer Macht, sie können entscheiden. Und ich merke auf: Es liegt in meiner Macht, ich kann entscheiden, sehr Vieles. Anderes sehr Vieles nicht. Aber mich umgibt eine große Tor Vielfalt zu Anderswelten. Was will ich? Was will ich wirklich? Ich nehme mich sanft beiseite und merke, dass ich so viel Anderes in meinem Leben gelten lassen kann, einrichten kann. Das ist erst mal eine abstrakte Aha-Überlegung. Danke, ihr beiden Bauern.

Also: was könnt ich andersigen? Was hat sich eingeschliffen, was ist einfach so, was aber nicht so sein muss? 1: "Ja, ist ja gut" zu den Zicken der Kinder, zu den Zicken der Partnerin, zu den Zicken der Nachbarn. Ich kann kommentieren, zurechtrücken, klarstellen - muss ich aber nicht. 2: Ich bekomme eine SMS. "Antworte!", geht sie mich an, "der Absender wartet drauf!". Tja- muss ich nicht. Wenn ich nicht gleich antworte, ist das unhöflich. Na ja. Wem gehöre ich? Da gibt es dieses Anderstor, und da lasse ich die Sofortantwort. Wird schon werden. Ich geh erst mal spielen. 3: Nach dem Essen wasch ich sofort ab. Sonst pappen die Reste an und es wird hinterher länger dauern. Ich will keine Spülmaschine und mach das per Hand. Das Anderstor hier im Winzalltag: Ich seh die Teller an und schick ihnen einen liebevollen Andersblick: "Später." "Ok, sagen die Teller". Sie gehen spielen.

4: Jedesmal stört mich beim Joggen ein alter Stacheldraht, der halb in den Waldweg ragt. Nach drei Jahren geh ich durchs Tor: Ich habe die Zange dabei, bearbeite das Ding und bring die Stachelei zum Recyclinghof. 5: Da hängt übrigens das Einfahrtsschild an der verkehrten Stelle. Ich denke an auswärtige Anlieferer, die finden die richtige Einfahrt erst nach einer Irrfahrt. Dann der Ruck, Tor auf: Ich geh zur Geschäftsstelle und mach den Mund auf. Das hat noch nicht geholfen, ich werds wie derholen, bis es klappt.

6-1001: Das will entdeckt sein. Das kann entdeckt sein. Und es entspannt so herrlich. "Ich muss das ja nicht tun..." Das, was ich aber zu tun gewohnt bin. Was mich hat. Das alles ist ja auch kein großes
Drama, ich kommentier schon, antworte schon, spül schon, auch sofort. Nur, dass es da diese Anderstore gibt. Bei den Kühen. In meinem Alltag.

Und oben der Tiger im Bild? "Kannst Du mich hier rausholen?" Ich hab ihn schon verstanden. "Du siehst mich als Zaunwesen. Bin ich aber nicht. Ich seh Dich Mensch auch als Zaunwesen. Bist Du aber auch nicht." Was macht dieser Zaun mit mir, in mir, mit ihm, in ihm? Ich sehe kein Anderstor hier im Zoo. Wiewohl es schön wäre. Aber man muss das alles ja nicht übertreiben. Muss man nicht? "Ja, wenn Du dann friedlich bei mir wohnst..." Na ja, gaga eben. Aber trotzdem.

Weil ich nicht die Macht dazu habe. Winfried Kretschmann hat Macht. Er holte 1000 JesidInnen nach Baden-Württemberg. Zaun weg. Hat 100 Millionen gekostet, das ganze Andertor. Geld anderer Leute, hätt er ohne Steuermittel nicht geschafft. Hats halt getan: Wie viele Geht-nicht-Winfried hat er hinter sich gelassen? Das werden schon viele Geht-Nichts gewesen ein. Aber er sah das Anderstor und ging durch.

Ich bin 71. Und wenn es nochmal ein Baby gibt, dann gibts eins. Und Punkt. Und wenn der Alzi um die Ecke kommt, dann kommt er eben. Und wenn der Führerschein weg ist: "Sie sind dafür jetzt zu alt", dann seis drum. Ich war noch nie bei einem Fussball-Bundesligaspiel. Mach ich aber noch. Ich mach demnächst auch einen Erste-Hilfe-Kurs, nach 50 Jahren nochmal ran! Tetanus-Auffrischung? Ne, keine Lust. Auf den Paulusweg? Ist angesagt, ich aber nicht. Eine Kreuzfahrt? Auch nicht
mein Ding. Ich könnt so viel - aber ich bin auch den Anderstoren nicht im Wort. Bin ich jemandem überhaupt im Wort? Schon. Aber nur, weil ich das so will.

Die beiden Bauern wollten das so. Hat mir was gesagt, mich angerührt. Mich zu meinen Anderstoren geführt. Danke, ihr beiden. Und: Tut mir leid, Tiger. Ich kann nicht alles. Aber einiges schon

Montag, 10. Dezember 2018

Entschuldige Dich!




  



"Entschuldige dich!" Welch Spruch. Eine Erzieherin erzählt von einem Streit der Kindergartenkinder. Sie nahm die Kinder auseinander, aber der Übeltäter hatte sich nicht entschuldigt. Sie ist ratlos, wie sie es schaffen kann, dass der Dreihjährige sich entschuldigt. Bemüht hatte sie sich, aber ohne Erfolg. "Das muss er doch." Auf mein fragendes Gesicht sagt sie: "Das erwarten doch die Eltern." Da hat sie recht. So wirds gespielt, Eltern erwarten so ein Sozialverhalten, der Kindergarten soll das richten.

Mein Mitgefühl ist sofort bei dem Übeltäter. Der gehänselte Junge wird siche Trost und Zuspruch bekommen haben, da muss ich nicht hinterherfühlen. Ich bin beim Täter. Seine Zicke, die er da gefahren hat (dem anderen was wegnehmen): es wird ihm schon klar sein, dass das nicht in Ordnung war. Das hat die Erzieherin rübergereicht. Wär das nicht genug gewesen? Jetzt auch noch entschuldigen?

"Sorry, tut mir leid" kommt mir gut über die Lippen. Nicht immer leicht, aber verläßlich. Wenn das, was grad passierte, wirklich auf meine Kappe ging. Es ist eine bizarre und absurde Vorstellung, dass sich da einer vor mir aufbaut und meine Entschuldigung einfordert. Sowas habe ich in meinem Erwachsenenleben auch noch nicht erlebt. Wiewohl ich weiß, dass das durchaus vorkommt.

"Entschuldige Dich!" - welche Übergriffigkeit. Wieso gibt es diese Wortkombination überhaupt? "Entschuldige bitte!", klar diese beiden Worte gehen und gehören dazu. Ich bin perplex über das, was die Erzieherin mir erzählt, aber ich weiß natürlich sofort, was da gespielt wird. Nur dass mir diese Alltagsanmaßung, diese 1001. Stückchen seelischer Kindermisshandlung, grad nicht geläufig war.

"Müssen Sie das wirklich?" Und unausgesprochen per Blick: "Dem Kind auferlegen, dass es sich entschuldigt?" Ich versuche, vorsichtig, meine Position ins Spiel zu bringen. Ich nehm Kontakt zu ihr auf: "Ich kann mir die Situation gut vorstellen, ich hab schon verstanden."
                    
Auf meinen Vorträgen will ich ja nicht lebensfremd und utopieverkündend erlebt werden, sondern als jemand, der umsetzbare, handfeste Anderswege aufzeigt. Diese Erzieherin schwingt ein. Sie hat den Jungen ja auch nach dem Auseinander und kurzen Warten, dass er sich entschuldigt, nicht weiter bedrängt. Nur: Das sollte sie aber, das wird von ihr erwartet. Und da weiß sie nicht, wie sie das machen soll. Sie sagt, sie will den Übeltäter nicht mit so einer Entschuldigungsgeschichte noch zusätzlich belasten. Er wird häufiger ausfallend und er tut ihr leid, ist ihr ans Herz gewachsen.

"Sie schauen vor Ort, was geht und was Sie können, gut können. Uhd wenn Sie den Jungen nicht zum Entschuldigen anhalten wollen, dann lassen Sie es eben. Sie sind dann nicht übergriffig, das ist doch super. Den Eltern können Sie ja sonstwas erzählen, wenn die Sprache darauf kommen sollte. Wahrscheinlich werden Sie eh nicht gefragt, es sind ja nur die Erwartungen in uns, die so belastend sind. Und falls doch, sagen Sie halt kurz: Ja, er hat sich entschuldigt. Kleine Lüge - großer Friede."

"Danke", sagt sie. Sie fühlt sich unterstützt. Ich denke, sie hat noch nie gehört, dass eine Erzieherin (pädagogische Fachkraft) so damit verfahren kann, darf, ja: sollte. "Sie folgen einfach ihrem Herzen. Das ist nicht nur wohltuend und befriedend, sondern auch höchst professionell. Rehumanisierung des pädagogischen Alltags nennt man das." Wir sind auf einer Wellenlänge.

Montag, 3. Dezember 2018

Liebe reicht. Nicht.







Mitten im Vortrag unterbricht mich eine Teilnehmerin: "Sie reden und reden... Ich versteh das nicht. Es reicht doch völlig, ein Kind in den Arm zu nehmen. Oder es zu trösten, wenn es traurig ist. Was soll da Ihre ganze Philosophie?"

Tja. Es reicht völlig, ein Kind zu lieben. Mehr ist nicht nötig. Ist es so? Da geht mir das Herz auf bei so einem Urbild: Die Mutter, der Vater, die Oma, der Opa, die/der wer auch immer nimmt das Kind in den Arm, hält es und die Liebe flutet. Was soll da mein ganzes Gerede von Souveränität und Selbstverantwortung, Königskrone und Würde, Adultismus und Erwachsenen-Chauvinismus? Was sollen da all meine Bilder von Schweineschnauze, Büffel, Schokohasen, Gesundkraut, Amazonas, Bahnhofsweg und Co? Liebe reicht.

Ja, wenn es denn so wäre. Die so wachgerufene Liebe, die von der Mutter vor mir in den Raum geholt wird, überdeckt alles. Wir sind gefangen und erfüllt von so einem Bild. Nur, dass ich dabei nicht vergesse, übersehe, wegdrücke, dass auch die Liebe, die lebt, geschenkt wird, erlebt wird, ja nicht im luftleeren Raum daherkommt, sondern eingebettet ist oder hervorgebracht wird in historischem und gesellschaftlichem Zusammenhang. Und auf der Zusammenhangs-Spurensuche und Zusammenhangs-Entdeckungsreise bin ich bei einem solchen Vortragsabend unterwegs. "Kinder sind wunderbar! Unterstützen statt erziehen" ist er überschrieben.

Ich rede nicht zum Thema "Liebe reicht" oder "Wie sich Kinder lieben lassen". Ich rede nicht zum Thema Liebe. Jedenfalls nicht direkt. Dass alles, was ich an so einem Abend auffalte mit Liebe zu tun hat, ist schon klar. Aber ich bin untergründlicher, hintergründlicher als das, was  die Teilnehmerin da im Sinn und in ihrer Assoziation hat.

Die weiße australische Krankenschwester nimmt das Aboriginibaby liebevoll  in den Arm. Das Kind, das den Eltern weggenommen wird, damit es "zivilisiert" aufwächst. Die Mutter in Gambia nimmt ihre Tochter liebevoll in den Arm, deren Klitoris gerade beschnitten wurde, damit sie integriert in ihrem Dorf aufwachsen kann. Der KZ-Aufseher nimmt sein eigenes Kind abends liebevoll in den Arm, nachdem er den ganzen Tag lang die jüdischen Kinder in die Gaskammer geschickt hat. Diese Grusel lassen sich fortsetzen, lange fortsetzen. Liebe reicht eben nicht.

Es geht mir nicht darum, wie man richtig liebt. Es geht mir darum, was für ein Umfeld um die Liebe herum existiert. Und da habe ich entdeckt, dass - bei aller aller Liebe - Demütigung, Herabsetzung, Unliebe gang und gäbe ist in unserer Kultur. Nicht weit weg, damals in Australien oder im KZ oder fern in Gambia. Sondern nah und heute, hier bei uns. In Deutschland, Europa, der westlichen Welt, der Welt schlechthin, überall.

Da nämlich, wo Kinder noch nicht als ganz richtige, vollwertige Menschen gesehen, bedacht, gehändelt, gebüchert, gewissenschaft werden. Wo die Weltformel von der Erziehung gilt. Adultismus nennt sich das. Oder spitzer: Erwachsenen-Chauvinismus.

"Sieh ein, ich habe recht" und  "Ich will doch nur Dein Bestes" sind Statements, die diese Erwachsene-Oben- / Kinder-Unten-Grundhaltung zum Ausdruck bringen. Das thematisiert mein Abend. Diese Hintergründlichkeit mache ich bewusst, erzähle davon, lade ein, dort einmal hinzusehen. Dort einmal in sich hineinzuhorchen.

"Mama hat Dich lieb" ist eine Supersache. "Aber  musst Du Dich dabei so betonselbstverständlich über mich setzen? Musst Du mich bei all Deiner so unendlich willkommenen Liebe so chauvinistisch über mich emporschwingen? Meine Souveränität: Nicht einmal bemerken? Musst Du mich denn wirklich erst zu einem Menschen machen, mit Deinem missionarischen Erziehungsanspruch? Deine Liebe tut gut, aber sie ist auch so giftig. Sie hält mich fest im Unten, im negerhaften Untermenschen. Der - welche Gnade - ja durch Deine Hilfe, die Du 'Erziehung' nennst, zu einerm richtigen Menschen werden kann. Kannst Du mich nicht lieben ohne dieses Zeug? Versuch es - Du schaffst das."

Ich zeige den Besuchern meiner Vorträge diesen Zusammenhang, mit vielen Bildern, behutsam, nehme sie mit, lade sie ein. Es erfüllt mich, wie es immer wieder geschieht, dass sie angerührt sind, den Pfad der oben-unten-freien Liebe erkennen und sich dieser Liebe zuwenden. Sie bedanken sich nach dem Vortrag mit Handschlag, sie ahnen. Und Ihre eigenen Kindverletzungen beginnen zu heilen.

Doch wenn jemand auf meinem Abend dies nicht mitbekommt, wenn ich ihn nicht erreichen kann, wenn er gar empört dreinfährt "Liebe reicht doch" - was soll ich dann tun? Ich finde keinen Weg zu so jemandem. Diese Mutter ist sehr unzufrieden gegangen. Aber: es sind ja die anderen Teilnehmer da. Sie begleiten mich, meine Bilder, sehen mein Tor zu den Kindern und finden Zugang zu der Liebe, die ich ihnen zeige.

Montag, 26. November 2018

Konzentration








"Was soll ich machen, dass die Kinder mir 15 Minuten zuhören?" Eine Erzieherin fragt mich zu einem Problem, dass sie mit den Vorschulkindern hat. Sie will sie auf die Situation in der Schule vorbereiten. Doch die Kinder konzentrieren sich nicht, bis auf ein paar Ausnahmen. Sollten sie aber, so wie es sich im letzten Kindergartenjahr gehört, wenn nach dem Sommer die Schule dran ist.

Ich erzähle meinem Freund etwas vom Tage. Dann merke ich, dass er mir gar nicht zuhört, er ist mit seinem Handy zugange. Seine Konzentration ist nicht da, wo ich sie gern hätte. Und: wie es sich wohl auch gehört, wenn man sich unterhält.

Was soll ich der Erzieherin raten, wenn die Kinder sich nicht konzentrieren? Was soll ich mir raten, wenn mein Freund sich nicht konzentriert? Auf mich. Bevor ich zu einem Rat komme, sehe ich mir das ganze erst einmal grundsätzlich an. Beide Szenarien.

Mich auf etwas konzentrieren ist etwas, das mir gehört. Niemand steht über mir und kann mir zu recht sagen, dass und worauf ich mich zu konzentrieren habe. Es ist meine, meine Konzentration, sie gehört mir. Niemandem sonst. Und was für mich gilt, gilt für jeden anderen auch. Auch für die Kindergartenkinder, auch für meinen Freund.

Wenn also jemand von mir Konzentration wünscht, dann ist das ein, sein Anliegen. Das er mir mitteilt. Und ich entscheide dann, wie ich damit umgehen will. "Hörst Du mir zu?", "Hörst Du mal zu!", "Hörst Du bitte mal zu?!". Da gibt es viele Möglichkeiten. Aber stets gilt: Ich entscheide. Es geht um mich, meine Zeit, meinen Wert, meine Würde. Und wenn ich den Wunsch nach der Konzentration zurückweise: dann ist dies mein Weg. Den kann der andere respektieren. Oder er regt sich auf, fühlt sich nicht geachtet usw.

Die Erieherin wünscht sicht die Konzentration der Kinder. Anders: sie fordert sie ein. Nicht aus böser Absicht, natürlich nicht, sondern in bester Absicht. Sie hat dabei nicht präsent, dass die Konzentration der Kinder den Kindern gehört. Tiefer: Sie hat nicht präsent, dass die Kinder überhaupt sich selbst gehören. Sie gehören in dieser Situation (die sehr dehnbar ist) ihr, ihren Vorstellungen vom Besten der Kinder. Die Kinder gehören jetzt dem System, das sie fit machen will für das andere System, Schule genannt, das sie wiederum fit machen will für das dannige System, Arbeitswelt, oder "Leben", so wie die Erzieherin sich das so vorstellt, im Konsens mit den anderen Erwachsenen der Erwachsenenwelt.

Tue ich ihr Unrecht? Tja...Ich habe mitbekommen, wie die Erzieherin vor mir spricht, schaut, wie sie unterwegs ist. Ich nehme ihre missionarische Ausstrahlung wahr, ihre Verantwortung für die Kinder. In völliger Selbstverständlichkeit unserer Erwachsenenwelt: Erwachsene erziehen Kinder. Von der
Anmaßung, die von ihrem "Wunsch" ausgeht, ahnt sie nichts. Sie ist erfüllt von dem Auftrag, zu helfen, dass die Kinder zurechtkommen, gelingen, richtige Menschen werden.

Tue ich ihr Unrecht? Sie will doch helfen. Ich helfe auch. Helfen ist ohne Oben-Unten, helfen ist ok. Wenn es denn ohne Oben-Unten ist, wenn es wirklich ok ist. Ich kriege das von ihr nicht mit. Sie steht oben, die Kinder unten. Sie weiß einfach, was für die Kinder gut ist, nämlich Konzentration
einzuüben.

Dass die Kinder nicht mitziehen, ärgert sie nicht. Es macht sie ratlos. Sie mag die Kinder, sie achtet sie, sie ist einfühlsam, sie ist weit vorn. Das merke ich schon. Aber sie kommt nicht in die Wahrnehmung/Nachdenklichkeit/Innehalten, dass es im Untergrund des Ganzen eine chauvinistische und adultistische Unterdrückungsstruktur gibt.

Ich verstehe die Zwischen-den-Zeilen-Botschaft der Kinder: "Lass uns in Ruhe. Wir wollen das nicht. Was willst Du eigentlich von uns? Unsere Souveränität, unseren Kopf, unsere Seele? Verschwinde!" Die Kinder sind stark. Und unkundig. Sie werden sich weh tun. Auflaufen. Kinder, die sich nicht konzentrieren können, haben in der Schule schlechte Karten.

Es wär also angebracht, den Kindern Konzentration beizubringen. Es wäre also angebracht, meinem Freund Konzentration (auf mich) beizubringen - geht ja gar nicht. Das "Beibringen" ist das Problem. Wenn es denn ohne Oben-Unten in seiner chauvinistischen Ausprägung daherkommt, wäre es gut. So wie mein Fahrlehrer mir das Autofahren beigebracht hat. Er war der kundige Lehrer, also oben, ich war der unkundige Schüler, also unten. Dieses Szenario war ohne das missionarisch, pädagogische Oben-Unten. Und das war die Voraussetzung dafür, dass es funktionierte, seine Wissenvermittlung und meine Wissensaneignung.

Ich müsste der Erziehrin sagen, dass sie nur fahrlehrermäßig weiterkommt. Nur, dass die Kinder ja gar nicht dort stehen, wo ich stand: ich wollte Autofahren lernen. Wollen die Kinder in die Schule? "Ihr wollt doch alle in die Schule." Leuchtende Augen. "Dann lernen wir jetzt das Konzentrieren." Verständnisvolle Zustimmung.

So ist es aber nicht gewesen. Diese Kinder sind nicht schulorientiert. Sie sind in ihrem Spiel. In der Spielwelt der Vorschulkinder. Vielleicht kommen diese Kinder vor ihr überhaupt nicht an den Punkt, sich auf die Schule einzustellen (deren Monsterhaftigkeit sich ihnen in der Erwartung eines Vorschulkkindes nicht erschließt). Also sage ich der Erzieherin: "Die Kinder sind noch nicht so weit. Sie können die Kinder nicht per Klick umschalten. Versuchen sie nicht etwas, was nicht geht. Schließen Sie Frieden mit dieser Unkonzentriertheit ihrer Kinder. Sie haben sich bemüht, mehr geht
nicht." Und: "Sie können ebensowenig wie ich alles Leid der Welt verringern. Wir können uns bescheiden. Und freundlich sein, Liebe schicken, die Substanz und Grundnahrung, die den Kindern später in der Schule hilft."

Montag, 19. November 2018

Durchsetzen und Gleichwertigkeit








"Durchsetzen" ist ein weites Feld. Wie ich mich denn durchsetze, wenn die Kinder nicht erzogen werden. Wenn sie sich selbst gehören, dann geht das mit dem Durchsetzen doch gar nicht. Folge: die Kinder können tun, was sie wollen. Bedeutet: Ganz und gar unrealistisch. Dass ich Unsinn erzähle, liegt dann im Raum.

Wenn ich mich durchsetze, bin ich oben und der andere ist unten. Nun spreche ich aber die ganze Zeit von der Gleichwertigkeit. Der generellen Gleichwertigkeit, als Paradigma der Postmoderne. Wie geht das zusammen, Durchsetzen und Gleichwertigkeit?

Menschen sind in zwei Dimensionen zu Hause: In der Welt der Dinge und in der Welt der Gefühle, im Außen und im Innen. In der Welt der Dinge wird das Oben-Unten nicht beendet/aufgegeben/schlecht geredet/verworfen. In der äußeren Welt bin ich immer wieder oben, der andere ist unten. Ich nehme Medizin, um Bakterien zu töten. Ich halte mein Kind von der Steckdose fern, um sein Leben zu wahren. Ich gewinne den 100-Meter-Lauf, die anderen verlieren. Amication verlässt in der Welt der Dinge nicht das Oben-Unten. Und in dieser Welt gibt es mit dem Oben halt das Durchsetzen.
                  
Ich setze mich also durch. Wann? Große Vielfalt! Und ich kann mein Durchsetzen auch abbrechen oder es gleich ganz bleiben lassen. Wie es kommt. Wenn ich mich nicht durchsetze, werde ich durchgesetzt. Dann bin ich unten und der andere ist oben. Das lässt sich oft nicht vermeiden, es gehört dazu. Genauso, wie es dazu gehört, dass ich mich durchsetze. Von Gleichwertigkeit ist da keine Rede. Dennoch: Die Gleichwertigkeit zählt. Aber nur da, wo es passt und nicht aus dem Leben herausfällt. In der Welt der Dinge ist Gleichwertigkeit als etwas, das uneingschränkt gelten soll, Nonsens. In der Welt der Dinge kommt selbstverständlich die Gleichwertigkeit vor. Aber nicht als Nur, sondern als Auch. Die Waage im Gleichgewicht ist ein gutes Bild dafür. Oder das Unentschieden im Sport. Oder derselbe Preis beim Einkaufen. Whatever.

Die Gleichwertigkeit zählt für mich uneingeschränkt, als Basiswert, als Paradigma in der Welt der Gefühle/Einstellungen/Werte, in der unsichtbaren Welt, im Innen. Muss nicht sein: Du Schwein, Neger, Unkraut, Spinner, Affe... Da lässt sich genug Oben-Unten finden. Auslachen, Demütigen, Beleidigen, Häme, Verachten, Hassen: Gibts genug von. Muss aber für mich nicht sein, und ist für mich nicht. Ich erkenne in der psychischen Dimension des Menschen die Gleichwertigkeit. Das sehe ich so, das denke ich so, das will ich so. Das ist meine Position.

Diese Innen-Gleichwertigkeit verliere ich nicht bei der Außen-Ungleichwertigkeit. Ich setze mich durch und setze den anderen dabei nicht herab. Durchsetzen ja, Herabsetzen nein. Eigentlich einfach. Eigentlich ganz einfach.

Ja, eigentlich. Wenn man denn diese innere Gleichwertigkeitsidee gut findet und ihr folgen will. Aber. Aber heißt: wir sind in einer Kultur des Oben-Unten auch im Innen groß geworden, mit den Leitgrößen Gut und Böse. Das lässt sich nicht so ohne weiteres ins Museum bringen. Diese Ungleichwertigkeit hat ihr Eigenleben in uns. Macht aber nichts! Soll sie! Ich nehm es mir nicht übel, wenn das erlernte innere/psychische/wertige Oben-Unten irgendwie in mir rumspukt, immer mal
wieder zum Vorschein kommt. Wobei ich ja von mir sage, dass mir das nicht mehr passiert, ein stolzes Wort.

Dass ich also niemanden herabsetze, auslache, demütige, beleidige, häme, verachte, hasse und Co. So bin ich halt unterwegs, und von diesem Unterwegssein in der Gleichwertigkeit erzähle ich auf den Vorträgen. Von den Ebenbildern Gottes, die wir alle sind, die wir aber unterschiedliche Wege gehen. Und wenn mir so ein Weg eines anderen nicht passt, dann stoppe ich ihn klipp und klar in der äußeren Welt. Halte einen Mörder fest, bis die Polizei kommt. Aber ich verachte ihn nicht. Da finde ich meine Position der uneingeschränkten Gleichwertigkeit in der inneren Welt doch sehr friedensmächtig und mach das einfach mal.

Montag, 12. November 2018

Schüler und Lehrer








"Was würden Sie tun, wenn der Unterricht langweilig ist, keiner mehr mitmacht und der Lehrer fragt, ob er zu theoretisch erklärt oder was sonst los ist?" Frage eines Schülers nach einem Vortrag in der Aula seiner Schule, jetzt im Klassenzimmer, 25 Kinder, 11. Klasse.
                                 
Kommt drauf an, wie die Beziehung zwischen den Schülern und dem Lehrer ist. Wenn es Vertrauen gibt, dann sagen die Schüler, was Sache ist. Dass der Stoff langweilig ist. Dass gestern eine Fete war, die sie grade untereinander besprechen. Dass sie sowieso jetzt keine Lust auf Unterricht haben und lieber sofort Pause machen wollen. Dass: Sonstwas. Sie sagen ihm, was wirklich anliegt, und dann wird man ja sehen.

Wenn so ein Klartext nicht geht, sagt sehr wahrscheinlich erst mal keiner was. Dann wird der Lehrer jemanden ansprechen: "Julian, was ist los?" Julian wird dann verlegen vor sich hinsehen und nichts
sagen. Oder "Ich weiss auch nicht." Im zweiten Fall kommt es leicht zu einer Beschämung. Die Schüle sollen sich offenlegen. Was sie aber nicht tun. Eine ungute Situation.

Was würde ich also tun? Ich werde ja um Rat gefragt. Was soll ich den Kindern vor mir sagen? Solche Peinlichkeiten kommen in der Schule vor. Jede Menge Peinlichkeiten, Konsequenz aus der Zwangssituation, die jede Schule als Basis nun einmal hat. Die Kindern sind nicht freiwillig dort, Teilzeitgefängnis. Wobei, auch das noch, man ins Gefängnis ja nur kommt, wenn man etwas ausgefressen hat und bestraft wird. Die Kinder haben noch nicht einmal etwas ausgefresseund werden trotzdem eingesperrt, jeden Schultag, zu ihrem Besten.

Na ja, die ganze Schulthematik kommt da in mir hoch. Aber die Kinder wollen  - ja, was wollen sie von mir? Ich habe im Vortrag auch vom Unrecht der Schule gesprochen, meine Position haben sie gehört. Rufen sie die gehörte Solidarität ab? Wollen sie einen revolutionären Rat? Wollen sie einfach nur noch einmal hören, dass ein Erwachsener tatsächlich dort unterwegs ist, wo sie sich selbst verorten, als Ausgelieferte und Rechtlose? Ich bin für sie ja ein Alien, ein Erwachsener, den es eigentlich nicht gibt. Welchen Erwachsenen kennen sie denn, der die Schule für eine Menschenrechtsverletzung hält, ihre Unterdrückung sieht und ihr Leid?

"Na ja, kommt drauf an", sage ich. "Wenn der Lehrer nett ist, würde ich wohl sagen, was anliegt. Wenn ich mich denn grade traue. Wenn er nicht nett ist, würde ich nichts machen und abwarten, was er dann macht. Irgendwie diese ganze Unannehmlichkeit durchhalten." Ihre Klassenlehrerin sitzt dabei. Ist sie gemeint? Die Kinder sehen zu ihr hin.

Das Aussprechen des Unrechts, das einem widerfahren ist, vor einer moralischen und gesellschaftlichen Autorität hat eine heilende Wirkung. In der Wahrheitskommision in Südafrika waren die Täter anwesend, wenn Desmond Tutu oder eine andere anerkannte Persönlichkeit das Unrecht aussprach, das die Täter den Opfern zufügten. Dieses Aussprechen der Wahrheit hatte immer wieder auch anrührende und grandiose Auswirkungen. Einmal konnte eine Mutter dem Mördeihres Sohnes verzeihen und ihn in den Arm nehmen.

Unrecht der Schule. An den Kindern begangen von den Lehrern. Die Wahrheit ist in der Aula und im Klassenzimmer von mir ausgesprochen. Schüler und Lehrer - Opfer und Täter. Die Lehrerin ist jetzt dabei, die Kinder sehen sie an. Kann ich die Tür zur Versöhnung öffnen? Einen Spalt schon, denke ich.

Montag, 5. November 2018

Wie kann ich Amication in meine Praxis übertragen?








Gestern im Vortrag zur Amication fragt mich eine Mutter, wie sich das denn alles in die eigene Praxis übertragen lässt. Ich sage ihr dann das, was ich dazu einmal aufgeschrieben und in meine Text-Schatzkiste gesteckt habe:

»Wie soll ich Amication in die Praxis umsetzen? « Das geht natürlich nicht! Nicht so, wie es in dieser Frage aufscheint. Als Anwendung. Als etwas, das gekonnt sein will. Das man lernen kann. So geht es eben nicht!
Wie aber dann? Nun – es passiert einfach. Beiläufig. Ohne Absicht. Als Geschenk. Einfach so. Aber: nicht jedem passiert es, und nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort. Es braucht günstige Umstände. Gute Zeiten. Sonne am Himmel. Besser: Sonne im Herzen. Denn mit dem Herzen hat es zu tun. Amication ist ja auch eine Herzenssache. Und die kommt gleich nach der Verstandessache. Oder vorher. Mit dem Verstand könnt Ihr herausfinden, welche Gipfel der Erkenntnis überhaupt in Frage kommen. Welche Gipfel der Ethik und Moral, der Philosophie und der Lebensfreude Ihr denn überhaupt als die eigenen ansehen möchtet. Und welche Ihr dann besteigen wollt, die Gipfel, auf denen Ihr zu Hause seid, im Nachdenken, mit dem Verstand, mit der intellektuellen Identität.

»Zu mir gehört Amication«. So ein Satz ist eine klare Kopfposition. Und gleich danach und eigentlich ja davor kommt das Herz: »Das fühle ich, diese amicativen Matterhörner und Wasserfälle, Kuhglocken und Schneereste, Murmeltiere und Alpensegler, Enziane und Berghütten. Das alles fühle ich eben – die amicativen Sonnenstrahlen wärmen mein Herz, erfüllen mich und machen mich froh. Wenn Ihr das fühlt (wenn Ihr das fühlt), dann ist der Rest – der ganze Rest: die so genannte Umsetzung – eine Naturgewalt, die sich eben einfach ereignet. Die nicht inszeniert werden kann, sondern die sich ergibt. Als Ausdruck dieses amicativ schlagenden Herzens, dieses Gefühls: »So – genau so ist es für mich richtig. Alles – die Amication rauf und runter, alle zwölf Punkte der Grundlagen und zigtausend amicative Dinge mehr.«

»Das sagt mir was, die Amciation. Das ist mein Zuhause. Darin lebe ich. Das ist alles für mich so selbstverständlich.« Dann hat die Umsetzung längst begonnen. Euer Herz hat sich verwandelt, Ihr habt es umgesetzt in amicatives Land. Mehr ist nicht nötig, und mehr geht auch gar nicht. Nur so lässt sich Amication »umsetzen«.

»Kann man das nicht ein bisschen konkreter haben? So, dass man sich etwas unter amicativer Umsetzung vorstellen kann?« Bitte was? Wie soll man sich denn eine solche Herzumsetzung vorstellen? So etwas macht kein Arzt und keine Medizin, so etwas wächst. Von allein, oder eben nicht. Und je nach Umständen. Ja, natürlich, man muss dafür offen sein, ein bisschen jedenfalls. Ohne dieses bisschen mitgebrachte Offenheit geht es nicht. Und ob man so ein Stückchen Offenheit im Lebensrucksack hat oder nicht – das ist ein Geheimnis, das jeder in sich hat.

Montag, 29. Oktober 2018

Hinschauen oder Wegschauen








Ich bekomme mit, wie zwei ältere Kinder (9) ein jüngeres Kind (6) ärgern. Lars und Moritz lassen Nils nicht mitspielen, obwohl sie zu dritt verabredet sind. Nils sitzt da und weint.

Das kann ich nicht so stehen lassen. "Ihr seid zu dritt unterwegs", sage ich zu den beiden. "Lasst Nils nicht hängen." Es kommt nichts Nettes. "Der heult doch nur." Was jetzt?

Soll ich mich kümmern, mehr als diesen Satz einwerfen? Wenn ich weiter interveniere, werde ich als jemand wahrgenommen, der die übliche Macht hat. Die Macht, anzuordnen, was Kinder zu tun und zu lassen haben. Das ist nichts, was ich will, und nichts, wie ich mich verstehe. Ich lasse die Kinder ihre Dinge tun, kommentier das schon mal, misch mich auch schon mal ein, lass auch kein Kind an der Steckdose rumspielen. Aber eigentlich: lass ich sie ihre Dinge tun.

Eigentlich. Aber jetzt wegschauen? Ich will den weinenden Nils nicht im Stich lassen. Ich will aber den beiden Großen auch nicht vorschreiben, was sie zu tun haben, also Nils mitspielen lassen.
Dilemma, Zwickmühle. Da ist Haltung gefragt. Nicht Wegschauen. Hinschauen. Und aktiv werden.

Na ja, das ist ein generelles Problem/Thema. Kommt am Tag zig mal vor, mal kleiner, mal größer. Einmischen bei einem Streit im Supermarkt? Hab ich gemacht. Einmischen bei einem Parkplatzstreit? Hab ich nicht gemacht. Unterschrift für den Erhalt der Kita? Hab ich gemacht. Demonstration für den Hambacher Forst? Hab ich nicht gemacht. Mal schau ich hin und tu was, mal schau ich weg und tu nichts.

Wenn ich nichts tue, obwohl ich etwas tun könnte. Wenn ich das Ungemach/Leid/Übel stehen lasse, was mir über den Weg läuft und mich ruft - dann sag ich, dass ich mich nicht um alles kümmern kann. Was aber so ja nicht stimmt, denn um vieles von dem Alles könnte ich mich ja sehr wohl kümmern. Angefangen damit, vegetarisch zu essen, mit dem Rad zum Einkaufen zu fahren, bei
Greenpeace Mitglied zu werden.

Es gibt da eine Bremse in mir. Ein Stoppschild. Ja, ich könnte dem Bettler einen Euro in seinen Becher tun, aber ich tus nicht. Ziemlich gemein, mein Einkauf hat 25 Euro gekostet, und jetzt
kein Euro für den Mann ohne Beine? Ich bin da nicht stolz drauf oder irgendwie so naseweisaufmichaufpasserisch. Ich finds blöd, aber ich lass es dann so sein. Nehms mir nicht übel, aber find es eben auch nicht schön. So eine Mischung.

Nils Tränen sind mir aber zuviel. Die fehlenden Beine des Bettlers waren es nicht. Wie soll ich da gut rauskommen? Mir ist klar, dass ich den Großen nicht Sympathie verordnen kann. Sowas funktioniert nicht. Aber ich kann mich unabhängig von einer Intervention bei Lars und Moritz um Nils und sein Leid kümmern.

"Die wollen nicht mit Dir Spielen." Feststellung, Kontaktaufnahme. Das ganze "Sollen sie aber doch" wisch ich weg. Ich nehm Nils auf den Arm. "Komm, wir holen Salat aus dem Garten fürs Abendessen."

Montag, 22. Oktober 2018

Pferde








Ich war in den Ferien in Wien. Es gibt im Zentrum am Stephansdom Kutschen. Mit Pferden davor, natürlich. Ich lese: Die Pferde sind von 9 bis 23 Uhr vor Ort, von 10 bis 22 Uhr können sie vor die Kutschen gespannt werden und die Touristen durch den Ort ziehen. Neuerdings mit Ohrstöpseln, mit Scheuklappen sowieso.

Ich lese die Flyer der Tierschützer, sehe das Vergnügen der Fahrgäste, sehe den Profit der Kutscher, sehe das Image für Wien. Fiaker (so heißt das Gefährt dort) gehören zur Stadt, seit mehreren hundert Jahren. Was sagen die Pferde, zu mir? Es ist eindeutig: "Hol uns hier raus!"

Bin ich überkandidelt? Stürze ich mich auf die nächste Unterdrückung, die mir über den Weg läuft? Kann ich den Leuten nicht ihren Spaß, Verdienst, Imagepflege lassen? Außerdem bin ich kein Vegetarier, ich sollte schon die Kirche im Dorf lassen.

Das Leid der Tiere rührt mich an. Hier, jetzt. Ich sehe die Pferde ja. Und ich will sie am liebsten sofort da rausholen, aus ihrem Geschirr, und sie in die grünen Hügel beamen. "Wo kann ich unterschreiben?" Kann ich nicht, weil ich kein Wiener bin. Also zieh ich weiter, lass die Hilflosen zurück, im Stich. Fühl mich ohne wirkliche Chance, bin David, lass mal gut sein Alter. Schön ist das nicht, aber so ist es.

Ich engagiere mich ja im Unterdrückungsland, im Herrschaftsland, im Unrechtsland. An meinem Platz, den ich mir zugeteilt habe. Ich kämpfe, kämpfe? Gegen die Unterdrückung junger Menschen, gegen die strukturelle adultistische Grundordnung. Gegen das, was Erziehung genannt wird. Ich beruhige mich: Ich tu ja was! Jetzt nicht auch noch Pferde befreien.

Es gibt so viel Ungutes, so viel "Hilf mir", endlos. Wo kann ich etwas tun, einen Schritt, eine Hand reichen? Ich gebe dem Bettler am Stephansdom einen Euro.Wars das? Ich schreibe einen neuen Post in meinem Blog. Wars das? Tja. Ich pendle mich da ein, rede mich raus und lass mich groß und gütig sein. Man kann nicht alles schaffen. Aber den Pferden am Stephansdom hätt ich eben so gern geholfen. Jammerei. Jammerei?

Montag, 15. Oktober 2018

Verantwortung ist Vorherrschaft








Neulich hörte oder las ich eine interessante Kombination. Es ging um subtile Gewalt und verborgene Unterdrückung, um Macht und Herrschaft. Wie versteckt kommen diese Dinge daher, auch daher, neben offenkundigem Haudrauf? Welche Schleichwege können sie nehmen? Es ging da hin und her, und dann kam etwas, das mich die Ohren spitzen lies: "Verantwortung ist Vorherrschaft".
                                          
Ein Credo meiner Weltsicht ist das "Ich bin nicht für Dich verantwortlich." Nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Respekt, dass dies ein jeder selbst ist. Dass auch Neugeborene
dies sind: für sich selbst verantwortlich. Menschen sind von Anfang bis zum Ende selbstverantwortlich.

Dieses Statement ist eine grandiose Einladung zu Missverständnissen aller Art. Obwohl es auch immer wieder ein klares "So ist es" hervorlocken kann. Die vielen Tore, die das Wort "Verantwortung" zeigt, die vielen bunten Assoziationsfelder und grünen Denkwiesen: da muss Klarheit sein, wo ich bin und wo der Gesprächspartner ist, sonst wird das kaum etwas, so ein Gespräch.
Ich bringe da viele Beispiele, um klarzumachen, was ich meine und wo ich unterwegs bin. Aber die ganzen Beispiele bringen nichts, wenn mein Gegenüber in einem anderen Gebiet unterwegs ist. Wenn er im Land des Sorgens unterwegs ist: "Ich wickle und fütter mein Kind aus Verantwortung". Oder im Land der Anteilnahme: "Es ist meine Verantwortung, meinem Partner in seinem Leid beizustehen." Oder im Land des großen Bogens: "Ich bin für die Umwelt verantwortlich." Oder im Land des Guten: "Ich bin für den Frieden verantwortlich." Zig Länder.

Das Wort "Verantwortung" passt mir da nicht. Es passt mir überhaupt nicht. Denn in meinen Ohren schwingt da etwas sehr Unangenehmes mit, etwas Ungutes, Unzulässiges, Übergriffiges, Anmaßendes, Entmündigendes: Herrschaft. Ich über Dir.

"Ich bin für Dich verantwortlich (Kind, Mensch, Umwelt, Frieden)" setzt mich über jemanden, der nicht aus sich selbst bestehen kann. Weil - weil er es eben nicht kann. Kein Kind kann ohne die Hilfe der Erwachsenen überleben. Kein Friede kann ohne das Engagement von Bürgern bestehen. Und deswegen sind wir alle hier oder dort verantwortlich, jeder an seinem Platz.

Da hau ich dann dazwischen: "Verantwortung ist Vorherrschaft!" Ist das so? Kommt auf den Atem an, auf den Hauch, der diese Einsätze umweht. Welche Umhüllung umgibt den, der sich da verantwortlich fühlt? Die Umhüllung/Botschaft des Missionars, Bevormunders, Herrschers? Wenn es das ist, was ihn trägt und ausmacht: Ist mit mir nicht zu machen. So jemand ist ein unguter Zauberer, der verhext, lähmt, krank macht. So jemand halte ich die magische Blume "Jeder ist für sich selbst verantwortlich" entgegen. Und wer dies versteht, da mitschwingt, die Ohren aufmacht, zu blinzeln beginnt, innehält - mit dem kann mein Gespräch fruchtbar werden.

Waren die Großen meiner Kindheit für mich verantwortlich? Ja, waren sie: In einer guten Art des Kümmerns, der Sorge und der Anteilnahme. Ja, waren sie: in einer unguten Art des Entmündigens, Nichtbemerkens meiner Harmonie/Kraft/Souveränitat, in einer gruseligen Vorherrschaft. "Ich helfe Dir, dass Du gelingst und ein richtiger, vollwertiger, für sich selbst verantwortlicher Mensch wirst, der Du jetzt noch nicht bist." Der ich jetzt noch nicht bin? Wie bitte? Ja gehts noch!

Und dann noch alles gleichzeitig und durcheinander und subtil verknüpft. Was einen irre machte. Und was jetzt erst mühsam entdeckt und entwirrt sein will. Amication setzt hier an. Verwirrt die einen - entwirrt die anderen. Entwirrt? Ja, und das ist gut so!

Montag, 8. Oktober 2018

Zufrieden und beschenkt








Ich erzähle von der Gleichwertigkeit. Von der zwischen Erwachsenen und Kindern. "Ja", sagen die Leute dann, "das kennen wir. Wir sind achtsam mit den Kindern. Wir sehen, dass sie eigene Persönlichkeiten sind und wir setzen sie nicht herab." Ich merke dann, dass es schwierig wird.

Wenn man achtsam mit den Kindern ist, dann gibt es da noch etwas zu entdecken. Etwas, das über die Achtsamkeit und das Einfühlen hinausgeht. Davon will ich erzählen. Von einer Gleichwertigkeit, die hinter der Ungleicheit existiert. Und auch hinter der Achtsamkeit.

Als Erwachsener bin ich immer wieder und unvermeidbar derjenige, der sich den Kindern gegenüber durchsetzt. Die dort bestehende Ungleichheit, sie ist, findet statt. Und sie wird auch von den Kindern erlebt. Hingenommen, bekämpft, akzeptiert, wie es kommt und wie die Kinder grad drauf sind. Ich lasse mein Kind nicht an der Steckdose rumspielen,
abertausend Situationen, immer prall voll Oben-Unten. Gleichwertigkeit hat da nichts zu suchen. Achtsamkeit und Einfühlen schon. Durchsetzen mit Achtsamkeit und Einfühlen ist die hohe Schule.

"Ich steh nicht wirklich über Dir, wenn ich mich durchsetze. Ich bin nicht richtiger, wertvoller, besser." Wer soll das verstehen?

Ich weiß um die Gleichwertigkeit in der Ungleichheit. Ich weiß, wie das geht. Und ich erkläre es gern. Es ist mühsam, mir zu folgen. Wer kommt mit?

"Was soll dabei rumkommen?" "Na ja", sage ich. "Entspannung im Alltag mit den Kindern, Harmonie,  Frieden halt. Ungebrochene Selbstliebe bei den Kindern, Geborgenheit. Ein besonderes Maß von all dem. Etwas, das sich bei aller Achtsamkeit und Einfühlung nicht erreichen lässt. Ein Mehr, ein viel Mehr an Liebe zwischen Eltern und Kindern als man sich vorstellen kann."

Dann soll ich erzählen. Und dann erzähle ich. Vom Indianer und dem Büffel, von der Schweineschnauze, vom großen Steinehaufen, von der großen Ebene, vom guten Ton, vom Telefonieren mit Albert, Rudi und Mary, vom Freiheits-
kämpfer, von Distel und Brennessel, vom Rauchen, vom Nachhausekommen, von den Eisbällchen. Und von all diesen vielen Zauberdingen und all den Türen noch. Ich lade die Leute ein, und wenn sie denn mitkommen, sich bedanken und erfüllt sind - dann bin ich zufrieden und fühl mich beschenkt.

Montag, 1. Oktober 2018

Kino

 






Neben mir im Kino unterhalten sich zwei Leute. Die Trailer laufen, sie quatschen. Der Film fängt an, sie quatschen. Vor ihnen dreht sich jemand um und bittet um Ruhe. Sie quatschen weiter. Langsam werde ich unruhig und meine Aufmerksamkeit geht vom Film weg zu den beiden hin.

Ich kann sie ignorieren. Dann ist es heute eben ein Film mit Quasseln nebenan. Aber ich muss sie ja auch nicht ignorieren. Dabei verstehe ich sie schon. Sie sind aus anderen Gründen im Kino als ich. Sie treffen sich hier, reden miteinander, der Film ist Kulisse, den kriegen sie nicht mit. Und: sie fühlen sich wohl.

Aber ich mich nicht. Wenn ich sie bitte, mit dem Reden aufzuhören, wird ihr schönes Kino-Rede-Erlebnis in etwas Unangenehmes umschlagen. Wer hat das schon gerne, beim Reden gestört zu werden, erst recht beim trauten Reden im dunklen Kino.

Ich merke, dass ich mich immer mehr gestört fühle. Es wird darauf hinauslaufen: sie oder ich, ich oder sie. Einer von uns wird sich gestört fühlen. Ich mich, wenn sie weiterquatschen. Sie sich, wenn ich sie drauf anspreche.

Ich sitze in der letzten Reihe, wie immer. Sie auch. Umsetzen weiter nach vorne mach ich nur ungern, außerdem ist da viel besetzt. Ich will also hier bleiben, mich nicht umsetzen, und sie sollen die Klappe halten. Ich verderbe nicht gerne jemandem sein Wohlfühlen. Das lässt mich zögern. Aber dann reicht es mir: es ist mein Kinoabend, und mein Wohlfühlen hat jetzt nach 15 Minuten Film mit Gequatsche Vorrang. Also stehe ich auf, gehe die drei leeren Plätze neben mir zu ihnen hin und sage, dass mich ihr Reden stört.

Es kommt eine abmeiernde Bemerkung, Richtung: Ich soll mich nicht so haben. Hab mich aber. Ich reagiere: Dann hole ich die Security. No reaction.

Soll ich wirklich den Dienst holen? Und ob der es schafft, dass nebenan Ruhe einkehrt? Ok, ich mach es. Raus aus dem Film, aus dem Saal. Unten ist nur die Reinigungsfrau. „Ist keiner vom Security mehr da?“

Ich merke, wie mühsam es ist, mir mein Wohlfühlen zu beschaffen. Soll ich es bleiben lassen? Nach Hause gehen? Das Gequassel doch aushalten? Ich spiel das jetzt ganz hoch: Wer ist für mein Wohlfühlen zuständig? Hier im Kino, und überhaupt im Leben? Schon klar, meine Verantwortung. Ich kanns ja auch bleiben lassen, mich jetzt zu kümmern. Ich kann mich aber auch kümmern. Hier im Kino und überhaupt im Leben.

Hier jetzt will ich es durchziehen. „Kein Security mehr da? Das gibt’s doch nicht!“. Doch, sagt sie, er ist hinten. Sie will ihm Bescheid sagen. Sie macht einen verlässlichen Eindruck. Und ich habe mich bemüht, wenigstens, wenn es nicht klappen sollte. „Saal 9“, sage ich, „letzte Reihe“. „Er wird kommen“, sagt sie.

Zurück im Kino, Treppen rauf im Dunkeln, hinsetzen, auf die Leinwand sehen, nichts mitkriegen vor Angespanntsein von der Aktion grade. Nebenan Gequatsche. Na ja, ich beginne, mich dreinzufügen. „Hab mich ja bemüht.“ Finde in den Film zurück. Mit Quatschen nebenan. Es bleibt mühsam.

Dann kommt er, der Security-Mann. Stattliche Erscheinung, Marke Rauswerfer. Ich steh auf uns sag ihm mein Beschwer. „Geht in Ordnung!“, sagt er. Ich fühl mich verstanden und geachtet. Heilung meiner wunden Kinoseele. Ob er was erreicht?

Er redet zwei Minuten mit dem Pärchen nebenan. „Sie können jetzt in Ruhe den Film sehen“, sagt er zu mir. „Sie werden nicht mehr gestört.“ Er geht, ich sitze und lausche, ob sich nebenan was tut. Nein, tut sich nichts. Ich komm runter und fang an, den Film zu genießen. Na also!

Ich weiß schon, dass ich den beiden anderen den Abend versaut habe. Das ist ein echt blödes Gefühl. Aber anders gings nicht, heute nicht. Echt nicht? Hätt nicht gewusst wie anders. Im Film werden grad auch die Bösen ausgeschaltet, das Gute siegt.

Ich bin der Gute. So soll es sein. Und so ist es ja auch. Aber trotzdem hätt ich es gern anders gehabt. So, dass der Filmgauner seine Beute behält und niemand zu Schaden kommt. So, dass die beiden Kinogauner neben mir ihr Wohlfühlgequassel ausleben können und ich mich nicht gestört gefühlt hätte. Ja: im nächsten Leben...Ich fahr dann zufrieden nach Hause. Der Film war gut, und ich war es auch.

Montag, 24. September 2018

Reden mit Jean-Jacques








In der aktuellen Ausgabe der ZEIT lese ich den Artikel von Bastian Berbner. Es geht um den anderen, der so ganz anders ist. Und ob es Sinn macht, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Oder ob es eben keinen Sinn macht. Berbners Artikel ist überschrieben: "Mit euch kann man doch eh nicht reden." Und: "Vielleicht doch!"

Ich habe meine festen Positionen. Eine davon ist, Kinder nicht zu erziehen. Beziehung statt Erziehung, unterstützen statt erziehen, Postpädagogik, Amication. Macht es Sinn, mit Menschen zu reden, die Kinder erziehen? Was soll dabei rauskommen? "Kann das gelingen, ohne die eigene Haltung aufzugeben?" (Berbner).

Ich rede ja immer wieder mit Menschen, die erziehen. Zu meinen Vorträgen kommt selten jemand, der ein "Erziehung - nein danke!" mit sich herumträgt oder gar als Aufkleber auf seinem Auto hat. Trotzdem bin ich mit diesen erziehenden Menschen einen Abend lang zusammen, und wir reden miteinander.

Wobei da schon ein bestimmtes Momentum dabei ist: Ich frage die Eltern und Erzieher nicht nach ihren Erziehungspositionen. Da erwarte ich nichts Neues. Sie wollen von mir hören, wie das gehen soll, mit Kindern leben ohne Erziehung. Ich erzähle, sie hören zu, sie fragen, ich antworte. Ich frage sie nicht. Warum sollte ich? Ich kenne alle Erziehungsvarianten. Ein "Wie erziehst Du Dein Kind?" kommt mir nicht über die Lippen.

Mach ich aber schon gelegentlich. Jetzt frage ich Jean-Jacques. "Was soll das?" frage ich ihn. "Was meinst?" Ich lese ihm eins seiner Statements vor:

"Lasst ihn (den Zögling, H.v.S.) immer im Glauben, er sei der Meister, seid es in Wirklichkeit aber selbst. Es gibt keine vollkommenere Unterwerfung als die, der man der Schein der Freiheit zugesteht. So bezwingt man sogar seinen Willen...Zweifellos darf es (das Kind, H.v.S.) tun, was es will, aber es darf nur das wollen, von dem ihr wünscht, dass es es tut." *

"Jean-Jacques, da bin ich gänzlich anders unterwegs. Dieses subtile Ding, das da im Unter- und Hintergrund rauscht, genau das will und mache ich nicht."Antwort: "Und genau ohne das geht es nicht, Kinder brauchen Erziehung. Subtile Führung, liebevoll, achtsam, gewaltfrei. Wie immer sie denn auch konkret aussehen mag."
                       
Da gibt es keine Gemeinsamkeit. Immerhin: Ich verstehe, was er will. Was ich ablehne. Versteht er mich? Verstehen die Eltern und Erzieher mich?

Auf den Vorträgen lasse ich mit meiner Märchenerzählerei eine Welt entstehen, die die meisten Eltern und Erzieher, die da sind, fasziniert und in der sie gern unterwegs wären, von der sie mehr wissen wollen, von der sie nicht genug kriegen können. Beziehug ohne Erziehung eben. Aber so ein Abend ist schnell vorbei.

Und Jean-Jaques Rousseau, Jesper Juul, Thomas Gordon, Maria Montessori, Jasnusz Korczak, Alexander Neill und all die anderen? "Mit euch kann man doch eh nicht reden. Vielleicht  doch!" Vielleicht doch?


* Aus "Emile oder Über die Erziehung" von Jean-Jacques Rousseau, 1760. Zitiert aus Reclam UB 901, 1963/2001, S. 265f.

Samstag, 22. September 2018

Licht und Schatten








Auf dem Vortrag letzte Woche ging es mal wieder um Bösewichte. Wo sind wir selbst, wenn wir über jemanden nachsinnen/urteilen, der irgendetwas Ungutes angestellt hat. Großes, nicht Kaffee verschütten, sondern Grusel, z.B. Missbrauch, Umbringen. Wird ja grad verhandelt, Kirche, Chemnitz und Co.

"Jeder - auch so ein Täter - ist ein Ebenbild Gottes". Einer meiner Standards zu Beginn des Diskutierens. Wobei klar ist, dass es jetzt nicht um das Opfer geht, dem mein Mitgefühl/Trauer gilt, sondern um den Täter. Und unsere eigene Position ihm gegenüber.

Wo bin ich, wenn ich diesem Menschen gegenüber Position beziehe? Wer bin ich, wenn ich diesem Menschen gegenüber Position beziehe?

Ich erlebe eigentlich immer, dass die Leute vor mir in einem Raum der Verurteilung, des Entrüstens, des Entsetzens unterwegs sind. Der Täter ist ein Bösewicht, das ist klar. Ein Ebenbild Gottes? Absurd. Wenn ich das Ebenbild ins Spiel bringe, wird mir Durchgeknallt und Sympathie mit dem Teufel rübergereicht.

Abgesehen davon, dass ich von der Ebenbildgeschichte überzeugt bin (und, um das gleich hinzuzufügen: was mich nicht hindert, so einen Täter - wenn ich das kann - auszuschalten, einzusperren etc.) - abgesehen also davon, dass der Täter für mich immer ein Ebenbild
Gottes ist und bleibt:

Die Leute vor mir sind in einem dunklen Raum unterwegs, eingefangen in Grusel/Böse/Rache/gedanken. Ihr Mitgefühl und Schmerz vertrübt sie, lässt das Licht gehen, wirft Schatten. Kälte, Kochen vor Wut, Empörung. Wobei sie sich auf der guten Seite verorten. Und: von Friede keine Spur. Friede in mir, im Herzen, in der Begegnung, Auseinandersetzung, Positionsbeziehung dem Täter gegenüber: keine Spur. Sie sind die Guten, er ist der Böse.

Und und Aber: sie werden dabei in Schatten versetzt. Und genau das ist nicht mein Ding. Ich lass mich nicht (mehr) in die Schatten-Bearbeitenwelt ziehen/treiben. Ich bin ein Sonnenwesen. Der Großraum, in dem ich unterwegs bin, ist voll Licht.

Eingebildete Pinkelei! Obermoralisierer! Machtgeil durch Gutsein! Ja mei, was solls. Keiner muss mich mögen. Und weiter: Was soll das, sich bei Gruseligkeiten auf die dunkle Seite zu begeben? Das macht doch krank im Herzen! Ich sage den Leuten vor mir so etwas. Manchmal kommt etwas über. Die Kraft des Lichts.

Eine Brücke ist dann, dass ich sie frage, wie das mit der Verzeihung ist. Na ja, da wollen sie erst ordentlich verurteilt haben, das Ebenbild als Teufel entlarvt haben. Dann können sie über Verzeihung nachsinnen. Und dann können sie wieder ins Licht gehen. Mit diesem Umweg.

Mein "Jeder ist ein Ebenbild Gottes, also auch der Täter" ist zu schwere Kost. Sie spüren das Böse, sie nehmen Witterung auf. Und sie mißtrauen sich selbst, fürchten, dass das Böse aus ihnen hervorbrechen könnte, sind in existentieller Bösefurcht. Tja - ich kann sie ja nicht ändern. Aber so ein bisschen Heilerei find ich auch nicht schlecht. Wenns dem einen oder anderen hilft und ihn auf den Licht- und Friedenspfad verlockt: da bin ich doch zufrieden.

Sonntag, 15. Juli 2018

Sommerpause







Liebe Leser von amicationtoday. Ich bin in den Sommerferien und komme unterwegs nicht zum Schreiben. Es geht dann wieder los Anfang September. Habt eine schöne Sommerzeit!

Dienstag, 10. Juli 2018

Kinderforschung: Bericht (11) - Kongruenz und Methode









 In unregelmäßigen Abständen poste ich 
 Texte aus meiner Dissertation, meiner 
"Kinderforschung"


*



         Nun, ich habe dies alles ja auch erst gelernt. In den Encounter­gruppen in Kalifornien fing es an. Ich habe mich mit Carl Rogers über diesen Punkt länger unterhalten, und auch mit Reinhard Tausch in Deutschland. Wer versucht, über ein wie immer geartetes Ex­pertentum anderen nah zu kommen, ihnen zu begegnen - der verfehlt sie dadurch, dass er sich SELBST gar nicht erst ins Spiel bringt. Mit einer anderen Perspektive gesehen: Man kann nicht Echtheit oder Kongruenz als METHODE einsetzen, um personale Beziehungen zu erreichen. Dieser Weg führt in die Irre, in die Irrealität, in das Wahrnehmen einer falschen Realität.

    Wenn ich nicht aus methodi­scher Erwägung 11Kongruenz anwende11 in der Beziehung, sondern kon­gruent BIN - dann führt dies zum anderen Menschen. 11Sie wenden Rogers alle als Technik an11 , sagte ich deprimiert zu Carl Rogers. Man kann nicht eine Lebensart zur Methode machen (um zu erreichen, was sich nur mit der ART, DURCH UND DURCH SO ZU SEIN erreichen läßt). Hinter jedem methodischen Vorgehen steht ja wieder eine zu­grundeliegende Lebensart: Und auf sie kommt es an.

    In den Encoun­tergruppen des La Jolla Programms wurde es ja dann GELEBT, dies andere, technikfreie und personal-ehrliche Miteinander. Jeder, der einmal an solchen befreienden Situationen teilgenommen hat (und nicht an den unglücklichen technisierten Nachahmungen), wird es spüren können. Es sei denn, er selbst bleibt bei seiner inneren Haltung, dies alles auf das Technikgleis abschieben zu können (Motto: Es ist eben eine ganz raffinierte Technik, keine Technik zu haben - tja, wer so denkt, dem ist nicht zu helfen, der ver­schließt sich der Differenzierung in Lebensart und Methode). Es war wichtig für mich, Carl Rogers nicht nur aus seinen Büchern (den neueren)zu kennen, sondern ihm persönlich gegenüberzusitzen, mit ihm zu reden - und im personalen ICH-DU Zugang zu IHM und der Glaubwürdigkeit unserer personalen Realität zu bekommen.






           Fortsetzung folgt (unregelmäßig)